Kaufberatung von Heiko Schwerdt

Augen auf beim Ruinenkauf!

Obwohl ich seit fünf Jahren Typ3 fahre und inzwischen fünf Typ3 besessen habe, habe ich mir im letzten Jahr erneut eine Ruine eingehandelt, die auf den ersten und zweiten Blick akzeptabel aussah. Dies hat mich nun veranlasst, eine kleine Übersicht über die am weitesten verbreiteten Roststellen am Typ3 zu verfassen.

Vorweg sei gesagt, daß alle meine Typ3 Langschnauzer waren und sich meine Erfahrungen auf diese beschränken. Der Reihenfolge nach waren es ein 72er TL, eine 71er Limo, ein 71er Vari, ein 72er TL und ein 73er TL. Leider sind die Zeiten vorbei als man noch für 500,- DM einen fahrbereiten Typ3 mit Rest-TÜV kaufen konnte.

Schauen wir uns nun den Typ3 näher an:

Als grundsätzlich zutreffend für alle Autos ohne Innenradläufe sind die A-Säulen rostgefährdet, da sie ständigem Bewurf mit Dreck und Wasser von den Vorderrädern ausgesetzt sind. Durchgerostete Kotflügelecken oben und unten an der A-Säule sind nicht nur ärgerlich weil die Kotflügel sau-teuer sind. Analog zu den Kotflügeln rosten die A-Säulen nach innen durch. Erkennen kann man die oberen Ecken von innen links oberhalb des Sicherungskastens, rechts über dem Tankklappenzug. Zur Kontrolle des unteren Bereichs der A-Säule ist es notwendig, den Teppich zu lösen. Bei meinem letzten TL bildete der Teppich zusammen mit einer feisten Klebstoffschwarte mindestens 50% der tragenden Struktur in diesem Bereich.

Weiterhin sehr häufig ist ein Durchrosten der vorderen Stoßstangenaufnahmen. Diese bilden einen Hohlraum mit innen angeschweißten Muttern. Der Rost ist zu erkennen in den unteren Ecken des Reserveradabteils.Sind hier bereits Bleche eingeschweißt (übergeschweißt), ist der Rost meistens unter einer Schicht Unterbodenschutz weiterhin aktiv. Bei meinem 73er TL fiel ein ca. 15x20 cm großes Stück mitsamt der Stoßstangenaufnahme heraus. Darin enthalten waren Rudimente von Blech zusammengehalten von einer schwarzen Masse zäh wie Teer.

Für die nachfolgenden Punkte kann man sagen: alles was VW nachträglich für den Typ3 konstruiert hat ist ein zusätzlicher Rostherd!!!

Ab 1968 gab es den außenliegenden Tankeinfüllstutzen, der als zusätzlicher Drecksammler fungiert. Wenn er nicht selbst durchrostet (Benzingeruch) dann wenigstens seine nähere Umgebung. Ebenfalls ab 1968 gab es an den vorderen Stehwänden kastenförmige Versteifungen, deren Sinn es war, den Vorderwagen des Typ3 zu versteifen, um den Crash-Bestimmungen des US-Marktes zu genügen. Leider sind diese Kästen auch zusätzliche Hohlräume, die, wiederum mit Dreck vollgespritzt, ein Ablaufen von eingedrungenem Wasser verhindern. Diese Stellen rosten dann nach innen zum Kofferraum durch. Oft sind diese Kästen bereits geschweißt und mehr oder weniger liebevoll wieder hergestellt. Hiervon ist dringend abzuraten. 1. ist es eine sch... Arbeit, 2. interessiert es KEINEN, ob die Dinger dran sind oder nicht und 3. baut man sich wieder einen Hohlraum, sprich Rostherd in sein Auto ein.

Nächster Punkt ist das ab 1971 erhältliche Gebläse. Dazu hat VW im vorderen Kofferraum einen Blechvorsprung eingesetzt, der ca. 8 cm unterhalb der Lüftungsschlitze ein waagerechtes Blech besitzt, an dem wiederum von innen das Gebläse festgeschraubt ist. Um durch die Lüftungsschlitze eingedrungenes Wasser abzuleiten, hat dieses Blech ein Loch von ca. 15 mm Durchmesser mit einem Gummischlauch, der zwischen Spritzwand und Tank ins Freie führt. Leider dringt durch die Lüftungsschlitze nicht nur Wasser sondern auch Laub in den Gebläsekasten. Dieses Laub verstopft dann den Wasserablauf oder bleibt in den Ecken liegen und kompostiert dann. Durch die vom Kompost gehaltene Feuchtigkeit kann der Gebläsekasten zum Kofferraum hin durchrosten oder, was schlimmer ist, das waagerechte Blech rostet nach innen durch. Dann hat man ständig Wasser im Innenraum. Bei meinem ersten TL war dies der Fall. Es hat drei Jahre gedauert, bis ich das Leck gefunden habe, als in der Waschstraße plötzlich ein Wasserstrahl (!) mein rechtes Bein traf. Nicht genug damit, daß der Innenraum immer feucht gehalten wird (mit entsprechenden Folgen wie moderiger Teppich, Rost am Bodenblech...), auch die Hohlräume in der Spritzwand rosten munter vor sich hin. Z. B. die U-förmige Querversteifung unterhalb des Armaturenbretts und die Spritzwand selbst. Dies kann man fühlen indem man einen Finger in eins der Löcher im U-Profil steckt (nach Entfernen des Teppichs). Von außen kann man dies leider erst nach Ausbauen des Tanks erkennen. Auf jeden Fall sollte man die Kofferraumverkleidung auf dem Gebläsekasten (nur L-Ausstattung) abnehmen oder zumindest kräftig drücken und nach Knirschgeräuschen hören. Auch hier gilt wie praktisch überall: ist der Hohlraum nach außen durch, ist er es auch nach innen!

Dass die Schweller grundsätzlich auf Rost zu prüfen sind, brauche ich wohl nicht extra zu erwähnen, deshalb gleich zum nächsten Punkt:

Der Sicherheit zuliebe hat VW irgendwann (ich weiß nicht genau wann) die Möglichkeit zur Anbringung von Sicherheitsgurten auch hinten geschaffen. Dazu wurde ein dickes Blech mit aufgeschweißter Mutter von unten an der Karosseriestufe unter der Rücksitzbank mit fünf Schweißpunkten angeschweißt. Hier sind es die Hinterräder, die Dreck und Feuchtigkeit in diesen Bereich schaufeln. Nimmt man die Rücksitzbank hoch, ist das Ausmaß der Schäden in den Ecken vor den Radhäusern sichtbar. Faustgroße Löcher sind hier keine Seltenheit. Das Verstärkungsblech selbst ist dabei meistens schon verloren gegangen. Wenn man nicht beabsichtigt, Gurte hinten einzubauen, sollte man das Blech wenn noch vorhanden weglassen.

Der letzte Punkt ist die ab 1971 bei allen Typ3 vorhandene Zwangsentlüftung. Diese beschert uns drei (Limo und Vari) bzw. vier (TL) Luftlöcher in der C-Säule (Vari: D-Säule). Der hier eindringende Regen kann zwar irgendwie ablaufen aber anscheinend ist der Weg schlecht ausgeschildert. Erschwerend kommt hinzu, dass VW zwecks Geräuschdämmung Bereiche des Hecks mit Bauschaum ausgesprüht hat (ja, das ist original). Ist die Feuchtigkeit erst einmal bis hierhin vorgedrungen, wird sie wie in einem Schwamm gehalten. Die Säule rostet dann von innen nach außen durch. Das Dumme daran ist, dass man dies erst bemerken kann, wenn der Lack Blasen wirft. Man kann davon ausgehen, dass das Blech dann bereits durch ist. Eine Reparatur ist sehr aufwendig, weil dieser Bereich bei Limo und TL Teil der Dachhaut ist. Verdächtig sind diese Stellen nicht nur bei Blasen. Auch wenn hier “Reparaturlackierungen” mit der Sprühdose gemacht wurden, sollte man vorsichtig sein. Viele Besitzer, die den Wagen nicht als Liebhaberstück fahren, scheuen die Kosten, um das Dach komplett lackieren zu lassen. Darunter verbirgt sich oft Spachtelmasse.

Da all diese Stellen bei praktisch allen späten Typ3 rosten, habe ich mir angewöhnt, hier nur das Ausmaß des Rostbefalls zu registrieren. Kaufentscheident ist für mich der Gesamteindruck, gute Innenausstattung, Lackzustand (besonders bei Metallic-Lacken oft katastrophal), evtl. vorhandene Extras wie Schiebedach, Anhängerkupplung, Automatik, Drehzahlmesser (Strike!) oder auch gute Reifen, da diese inzwischen recht teuer sind.

Abschließend ein paar allgemeine Bemerkungen: Ein Typ3 ist inzwischen mindestens 22 Jahre alt. Das bedeutet, dass irgendwann in seinem Leben (meistens Erst- und/oder Zweitbesitzer) sich eine fürsorgliche Hand um den Wagen gekümmert hat. Ein langer Erstbesitz deutet auf auf einen überzeugten Typ3 Fahrer hin. Mein jetziger Typ4 war 16 Jahre in erster Hand. Dennoch gibt es sicher noch einige untote Typ3 auf unseren Straßen, die von TÜV zu TÜV gerettet wurden.

Kleine Löcher in A- und B-Säule sowie in den Türen und Schwellern, die mit Gummistopfen verschlossen sind, deuten auf eine Hohlraumkonservierung hin. Dies ist jedoch keine Garantie für gute Substanz, mein 73er TL hat aber bei totem Vorderwagen immer noch seine ersten Schweller. Viel Unterbodenschutz sollte eher Anlass zu Skepsis als zur Freude sein. Bei meinem (ja,ja) 73er TL wurde ein Stück des Bodenblechs mit einem eingenieteten Blech repariert. Von unten war der U-Schutz so dick, dass die Köpfe der Nieten komplett kaschiert wurden.

Abgesehen von den vorderen Kotflügeln sind die meisten Anbauteile noch zu erträglichen Preisen zu haben, auch gebraucht. Auf die Mechanik im Typ3 will ich hier nicht weiter eingehen, da ich sie für relativ problemlos halte und auch die Reparatur kein unüberwindbares Hindernis darstellt. Zwar hat VW die Teileversorgung in den letzten Jahren stark reduziert, jedoch haben viele Teilehändler inzwischen den Wert des Typ3 erkannt und liefern hier Teile.

Heiko Schwerdt